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Welche Molkereien zahlen am besten?
Die Milcherzeugerpreise in Bayern erreichten im vergangenen Jahr historische Höchstwerte. Preise über 50 Cent waren ab Juni die Regel. Bei den Molkereien mit den besten Auszahlungspreisen gab es deutliche Verschiebungen.
Im Jahr 2022 befanden sich die Milcherzeugerpreise im Höhenrausch. Von Monat zu Monat kletterten sie auf immer neue Rekorde. Erst fiel die 50-ct-Marke und je nach Region und Molkerei auch die 60-ct-Marke. Sphären, die man sonst nur aus dem Biobereich kennt. Angesichts der aktuellen Lage scheint der Rückblick etwas mühselig. Doch er gibt erste Hinweise, warum 2023 erneut alles anders sein wird.
Nach den Ergebnissen des AMI-Milchpreisvergleiches für 2022 zahlten die Molkereien in Bayern im Schnitt 52,43 ct/kg für Milch ohne Gentechnik. Das waren satte 14,6 ct/kg mehr als im Jahr zuvor. Selbstredend, dass damit ein im langfristigen Vergleich überdurchschnittliches Ergebnis erzielt wurde. Rechnet man wegen der strukturellen Verschiebungen die rein konventionell erzeugte Milch mit rein, dann lag der 10-Jahresschnitt bei 37,19 ct/kg. Gentechnikfrei erzeugte Milch ist mit einem Anteil von rund 90 % in Bayern der Standard. Nur noch rund 2 % stammen aus konventioneller Fütterung. Der Anteil der Biomilch lag 2022 bei rund 8 %. Daher beziehen sich alle im folgenden genannten Preise, soweit nicht anders vermerkt, auf Milch ohne Gentechnik mit 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß sowie auf eine Jahresanlieferung von 500 t (siehe Kasten „So haben wir gerechnet“).
Der Milchmarkt war im vergangenen Jahr turbulent verlaufen und die bundesweite Preistabelle wurde auf den Kopf gestellt. Im überregionalen Vergleich landeten die Milcherzeuger in Bayern auf einem für sie ungewohnten Platz, und zwar am Tabellenende. Vergessen sollte man dabei nicht, dass Bayern in den vier Jahren zuvor regelmäßig einen der ersten beiden Plätze belegt hat. Da darf man den Kollegen aus Norddeutschland auch mal den Spitzenplatz gönnen.
Die marktbedingten Verschiebungen im Jahr 2022 führten dazu, dass die Molkereien an Nord- und Ostsee die höchsten Preise zahlten. Dementsprechend bildeten die drei Küstenanrainer Niedersachsen mit 55,63 ct/kg vor Schleswig-Holstein mit 55,30 ct/kg und Mecklenburg-Vorpommern mit 54,13 ct/kg das Spitzentrio. Das bayerische Landesmittel für Milch ohne Gentechnik lag 2022 um rund 1,0 ct/kg unter dem Bundesschnitt. Über den Zeitraum von 2018 bis 2022 betrachtet wurde dieses jedoch um rund 0,4 ct/kg übertroffen. Damit zahlten die Molkereien im Freistaat im langfristigen Vergleich einen überdurchschnittlichen Preis.
Verwertungsnachteil für Marke und Frische
Das Jahr 2022 war von vielen außergewöhnlichen Einflussfaktoren geprägt. Die Corona-Pandemie war noch nicht ganz vorbei, da führte der Ukraine-Krieg zu Verwerfungen, von denen auch der Milchmarkt betroffen war. Kosten für Energieträger stiegen, die Inflation wurde angeheizt.
Entlang der gesamten Wertschöpfungskette kletterten die Preise auf neue Rekordniveaus, allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Zunächst schlug das Pendel zu Gunsten von Molkereien, die im Geschäft mit Spotmilch sowie Commodities wie Blockbutter und Pulver tätig sind. Sie konnten die gestiegenen Preise als Erste realisieren und in bare Auszahlung umsetzen. Markenartikler und Frischeproduzenten waren in langfristigen Kontrakten gebunden und konnten erst in der zweiten Jahreshälfte mit den angehobenen Molkereiabgabepreisen an den Handel aufholen.
Starker Schub für die Versandmilch
Im Jahr 2021 hatte Bayern mit den Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG den bundesweiten Spitzenreiter gestellt. Hingegen hat 2022 die Meierei-Genossenschaft Struvenhütten eG, die für Milch ohne Gentechnik 58,48 ct/kg zahlte, den Sprung nach ganz oben geschafft. Die erfasste Milch wird zu Sahne und Magermilchkonzentrat verarbeitet und an industrielle Weiterverarbeiter geliefert. Damit profitierte die Genossenschaft im vergangenen Jahr von den hohen Preisen an den Märkten für flüssige Rohstoffe.
Ihr folgte mit der Molkerei Ammerland eG ein Spezialist für Schnittkäse. Lieferanten, die nach den Vorgaben von „Pro Weideland“ wirtschaften, erhielten 58,11 ct/kg. Rang drei ging an die Meiereigenossenschaft Langenhorn eG, die ebenfalls ein Standbein im Versandgeschäft hat.
Milchhof Tirschenreuth setzte sich an die Spitze
Die ersten beiden bayerischen Molkereien im bundesweiten Ranking für Milch ohne Gentechnik waren die BMI-Erzeugergemeinschaft Milchhof Tirschenreuth eG mit 54,11 ct/kg und die Milchverwertung Ostallgäu eG mit 53,47 ct/kg. Sie erzielten damit deutschlandweit gesehen überdurchschnittliche Ergebnisse und bildeten zusammen mit der Milchwerke Schwaben eG innerhalb Bayerns das Spitzentrio.
Die Bayerische Milchindustrie (BMI) war im Jahresmilchpreisvergleich 2021 noch mit Preisen für sechs Liefergenossenschaften vertreten, in dem für 2022 sind es nur noch zwei. Den Tirschenreuther Lieferanten zahlte sie bereits unterjährig überdurchschnittliche Preise und konnte den Vorsprung im Jahresergebnis behaupten.
Der Vergleichspreis für die Franken-Milch Verwertung Langenfeld eG lag mit 52,38 ct/kg nur knapp unter dem bayerischen Mittel. Die BMI hat ihr Frischegeschäft an den weltgrößten Milchverarbeiter, die französische Lactalis-Gruppe verkauft und will sich stärker auf ihre Kernkompetenz Ingrediens und Käse konzentrieren.
Milchwerke Schwaben auf Platz zwei
Die Nummer zwei hat den Hauptsitz in Baden-Württemberg und setzt vor allem auf die Herstellung von Käse. Die Milchwerke Schwaben eG zahlte 53,83 ct/kg und war bereits auf überdurchschnittlich hohem Niveau in das Jahr 2022 gestartet. Der Grundstein dazu wurde in der zweiten Jahreshälfte von 2021 gelegt. Mit der Wiedereröffnung der Gastronomie nach den strikten Lockdown-Maßnahmen kam auch das Hauptgeschäft mit Käse wieder in den Tritt. Darüber hinaus profitierte das Unternehmen von den im Vorjahr steigenden Preisen für Schnittkäse. Allerdings traf sie der Preisverfall an den Verarbeitungsmärkten über den Wechsel von 2022 auf 2023 erheblich. Die Genossenschaft senkte die Auszahlungsleistung im Januar dieses Jahres in einem Schritt um 15 ct/kg, hielt sie danach bis Mai jedoch stabil.
Dritter im Bunde ist die Milchverwertung Ostallgäu eG und damit ein bayerisches Unternehmen. In Rückholz werden Emmentaler und Bergkäse hergestellt. Das Geschäft damit scheint 2022 einträglich gewesen zu sein. Das bayerische Mittel wurde um gut 1,0 ct/kg übertroffen. Auf Rang vier und fünf folgen mit jeweils 53,15 ct/kg zwei weitere Unternehmen aus dem Allgäu. Dies sind die Karwendel-Werke Huber GmbH & Co. KG und die Edelweiss GmbH & Co. KG. Beide setzen ebenfalls auf Käse.
Während sich die bayerischen Käsehersteller noch vergleichsweise gut gegen die rasant steigenden Preise am Spotmarkt behaupten konnten, blieb die Verwertung der Lieferanten von Konsummilch und Frischprodukten an den Lebensmitteleinzelhandel in weiten Teilen hinter jener von Molkereien mit Rohstoffverkauf und Commodities wie Pulver und Blockbutter.
Damit fanden sich viele Molkereien im unteren Bereich der Tabelle, die diese in den vergangenen Jahren angeführt haben. Ein Beispiel dafür sind die Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG, die im Jahresschnitt die 50-ct-Marke nicht knacken konnte. In den vergangenen vier Jahren hatte sie es jedoch deutschlandweit immer in die Top 10 geschafft, diese teils sogar angeführt. Die Genossenschaft aus Piding setzt auf langfristige Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Abnehmern. Dementsprechend war es keine Option, das Markengeschäft gegen die Verwertung am Spotmarkt einzutauschen. Die Käufer ihrer Premiumprodukte sollten sich diese auch weiterhin leisten können.
Schwäche bei Marken nur vorübergehend?
Die Anforderungen von Handel, Gesellschaft und Politik an Milcherzeuger und Molkereien steigen. Das Thema Haltungsform rückt immer stärker in den Fokus. Eine Reihe an Labeln und Siegeln ist entstanden. Daneben haben Molkereien eigene Boni-Systeme entwickelt, wenn bestimmte Tierwohlkriterien im Kuhstall erfüllt werden. All das muss berücksichtigt werden, vergleicht man Preise miteinander.
In der Regel werden die Zuschläge für Haltungsformen zusätzlich zum Basispreis gezahlt. Damit machen die Preise für diese Sondermilchen die gleiche Entwicklung mit, wie jene für die Standardvariante, und sind vom Produktportfolio der Molkerei und den sich daraus ergebenden Erlösmöglichkeiten abhängig. Damit hat sich der Verwertungsnachteil der Markenartikler und Frischproduzenten nicht nur in der Auszahlungsleistung für die Standardmilch, sondern auch bei jener für Milch nach besonderen Anforderungen niedergeschlagen. Hiervon waren vor allem Milchviehbetriebe aus dem Süden der Republik betroffen, sodass teils die Vergleichspreise für manche Tierwohlmilch unterdurchschnittlich ausfielen.
Einen bundesweit gesehen dennoch überdurchschnittlichen Preis zahlte mit 55,79 ct/kg die Molkerei Gropper GmbH & Co. KG für Milch nach Tierschutzlabel Einstiegsstufe. Sie ist die erste Molkerei, für die die AMI einen Vergleichspreis für die Haltungsform 3 in Bayern berechnen konnte. In den nächsten Jahren werden es jedoch mehr werden, denn im Laufe des Jahres 2023 sind immer mehr Zuschläge für Haltungsform 3 und 4 auf den Abrechnungen aufgetaucht.
Bayerische Milchpreise aktuell wieder vorne
Milcherzeugerpreise oberhalb der 50-ct-Marke, damit hätte es ewig weitergehen können. Aber die Kräfte des Marktes zeigten zu Beginn von 2023 ihre Wirkung mit voller Wucht. Von den hohen Milcherzeugerpreisen waren in der zweiten Jahreshälfte von 2022 Produktionsanreize ausgegangen.
Die Milchviehbetriebe reagierten mit Mengenausweitungen. Der zusätzlich anfallende Rohstoff konnte jedoch bei schwächelnder Nachfrage nur mit Preiszugeständnissen am Markt abgesetzt werden. Dadurch entstand Druck, der zu massiv sinkenden Preisen über den Jahreswechsel an den Spotmärkten sowie bei Pulver und Butter führte. Auch Schnittkäse war betroffen. In Anbetracht immer weiter sinkender Verwertungen nahmen die Molkereien ihre Auszahlungsleistung in einem bisher nicht gekannten Ausmaß zurück. Innerhalb von nur sechs Monaten sank das Bundesmittel um 17 ct/kg und näherte sich gefährlich nahe der 40-ct-Marke an.
Das traf auch die Milcherzeuger in Bayern, allerdings in deutlich geringerem Umfang als die Kollegen in Norddeutschland. Im Schnitt der ersten fünf Monate hielten die Molkereien ein Auszahlungsniveau von über 50 ct/kg. Und schon ist der Freistaat wieder Tabellenführer. Über den Sommer wird allerdings auch der bayerische Milchpreis unter das Vorjahresniveau sinken. Zwar kam es im Mai und Juni zu einer leichten Bodenbildung im Großhandel und bei Industrieware, jedoch wurden die Molkereiabgabepreise an den Lebensmitteleinzelhandel gesenkt. Das wird vor allem bei den Frischproduzenten zu weiteren Rücknahmen in der Auszahlung führen. Da erscheint es nur als ein kleines Trostpflaster, dass das Jahresergebnis 2023 in Bayern im langfristigen Vergleich überdurchschnittlich ausfallen und deutlich über 40 ct/kg liegen wird.
Quelle: Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt Dr. Kerstin Keunecke, AMI