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AMI-Milchpreisvergleich
Wehmütig blicken die Milchbauern auf die Milchpreise im Jahr 2022 zurück. Welche Lehren lassen sich aus diesem besonderen Jahr ziehen?
Im Jahr 2022 wurden am Milchmarkt entlang der gesamten Wertschöpfungskette neue Preisrekorde aufgestellt. Im Jahresverlauf hat sich der Markt jedoch gedreht. Steigende Preise für Energie und Nahrungsmittel drückten im In- und Ausland auf die Kauflaune. Bei den Erzeugerpreisen setzte sich der Höhenflug bis in den Herbst fort, dieser erreichte erst gegen Jahresende seinen Zenit.
Den deutschen Molkereien wurden im Vorjahr 32 Mio. t Rohmilch angedient. Damit stand ihnen in etwa die gleiche Menge Rohstoff zur Verfügung wie ein Jahr zuvor. In den ersten acht Monaten des Jahres 2022 lag die Milchanlieferung noch unterhalb der Vorjahreslinie. Im Sommer näherten sich die Linien einander an und ab September wurde mehr Milch angedient als in den Vorjahresmonaten. Der saisonübliche Rückgang der Milchmenge fiel im abgelaufenen Jahr nicht so deutlich aus wie in den Jahren zuvor und der Anstieg setzte früher ein.
Der Bestand an Milchkühen in Deutschland hat weiter abgenommen. Der Rückgang fiel mit einem Minus von 0,6 % bei sinkenden Schlachtzahlen allerdings geringer aus als in den Vorjahren. Zur Novemberzählung 2022 gab es rund 3,81 Mio. Milchkühe.
An den Märkten für flüssige Rohstoffe und auf der nachgelagerten Stufe bei den weiterverarbeiteten Produkten erreichten die Preise neue Allzeithochs. Das Anziehen der Weltwirtschaft zu Jahresbeginn nach diversen coronabedingten Lockdowns führte zu einem erhöhten Kaufinteresse an Molkereiprodukten. Gleichzeitig war die Milchanlieferung verhalten. An den Produktmärkten hat dies im Frühjahr 2022 zu Preisanstiegen geführt.
In der Krise will sich jeder mit Ware eindecken
Die Bestände waren dagegen produktübergreifend nach wie vor niedrig. Um die benötigten Mengen zu sichern, waren die Käufer oftmals bereit, nochmals höhere Preise zu zahlen. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. 2. 2022 spitzte sich die Lage weiter zu. Im Zuge der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Krieg stieg der Bedarf im In- und Ausland teils sprunghaft. Die Käufer befürchteten eine weitere Verknappung und deckten sich sicherheitshalber ein. In den Werken fehlte es jedoch an Rohstoff, um die Produktion entsprechend anzupassen. Große Teile der Produktion waren bereits verplant. Insofern war zu diesem Zeitpunkt kaum Angebot in den Werken verfügbar.
Als Folge der angespannten Lage erhöhte sich das Preisniveau produktübergreifend. Am Buttermarkt beschleunigte der Wegfall der Exporte aus der Ukraine und die damit verbundene weitere Verknappung des Angebotes den Preisanstieg zusätzlich. Über den Sommer kam es dann zur ferienbedingt üblichen Beruhigung der Nachfrage.
Im Herbst kam es dann zu einem Angebotsüberhang
Allerdings gingen von den deutlich erhöhten Erzeugerpreisen für Rohmilch Produktionsanreize aus. Hitze- und Trockenheitsbedingt war der Milchanfall in den Sommermonaten noch verhalten. Ab September wurde die Vorjahreslinie jedoch zunehmend überschritten. Der einsetzende Regen führte dazu, dass die Futtersituation regional weniger dramatisch ausfiel als erwartet, sich die Qualitäten sogar teilweise förderlich auf die Milchleistung auswirkten.
Gleichzeitig führte die hohe Inflation in Deutschland zu Kaufzurückhaltung bei den Verbrauchern und auch weltweit trübte sich die Konjunktur aufgrund der extrem gestiegenen Kosten für Energie, Logistik sowie für Vorprodukte ein. Damit sank auch die Nachfrage nach Molkereiprodukten.
So führte China als bedeutendster Importeur von Milch und Milcherzeugernissen weniger Ware ein. Das Reich der Mitte litt nicht nur unter den Folgen der strikten Null-Covid-Politik, sondern auch unter dem Einbruch des Immobiliensektors, der sonst einer der Treiber der chinesischen Wirtschaft war. Zudem führte die schwächelnde Weltwirtschaft zu einer geringeren Nachfrage nach chinesischen Exportgütern.
Private Nachfrage schwächer
Das hohe Preisniveau für Molkereiprodukte dämpfte die Nachfrage am europäischen Binnenmarkt und am Weltmarkt. Die Abnehmer waren versorgt und warteten, auf sinkende Preise spekulierend, deren weitere Entwicklung ab. Dies führte zu einem Angebotsüberhang und in dessen Folge zu dem Preisverfall in der zweiten Jahreshälfte.
Die private Nachfrage nach Molkereierzeugnissen war im Jahr 2022 nahezu bei alle Produkten in diesem Segment rückläufig. Von Butter über Käse bis hin zur Trinkmilch und anderen Frischeerzeugnissen kauften die Verbraucher deutlich weniger Molkereiprodukte ein.
Angefeuert wurde diese Entwicklung von gestiegenen Verbraucherpreisen. Aber auch der coronabedingte Basiseffekt spielte eine Rolle. So fiel der Rückgang bei fettarmer Milch vergleichsweise moderat aus, lag sie doch preislich unter der Vollmilchvariante.
Quelle: Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt Dr. Kerstin Keunecke, AMI